Richtlinie

Gemeindepfleger*innen (früher Gemeindeschwester 2.0)

Lesedauer:2 Minuten

Richtlinie zur Förderung von Gemeindepflegerinnen und Gemeindepflegern für die Jahre 2023 - 2026

Präambel

Gemeindepflegerinnen und Gemeindepfleger erfassen bereits im Vorfeld von schwerer Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit einen sich abzeichnenden Unterstützungsbedarf. Mit Fokus auf der medizinischen und pflegerischen Versorgung, der Unterstützung im Alltag und der sozialen Teilhabe, vermitteln Gemeindepflegerinnen und Gemeindepfleger geeignete Angebote und Hilfen vor Ort (Verweisberatung). Die Arbeitsweise der Gemeindepflegerinnen und Gemeindepfleger ist dementsprechend präventiv, vorbeugend und sorgend. Die Gemeindepflegerinnen und Gemeindepfleger können bestehende Strukturen sinnvoll ergänzen, indem sie einen Lückenschluss zwischen (haus-)ärztlicher und pflegerischer Versorgung sowie Angeboten der sozialen Teilhabe herstellen. Die Unterstützungsleistung der Gemeindepflegerinnen und Gemeindepfleger orientiert sich dabei am Wunsch der Klientinnen und Klienten und erfolgt koordiniert durch den Landkreis oder die kreisfreie Stadt.      

Gesundheitsvorsorge kann selbst bestimmtes und selbstständiges Leben ermöglichen

Durch geeignete Maßnahmen kann Gesundheitsvorsorge für ältere Menschen gestärkt und somit ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben trotz alters- und krankheitsbedingter Einschränkungen ermöglicht werden. Empirische Daten belegen, dass es Krankheiten gibt, deren Auftretenswahrscheinlichkeit mit dem Alter stark zunehmen.  Beispielhaft benannt werden hier Demenz, Alzheimer oder Knochenfrakturen. Wie Studien belegen sind 62 Prozent der über 65-Jährigen multimorbid. Laut Hessischer Gemeindestatistik waren 2021 1.319.701 Einwohnerinnen und Einwohner Hessens über 65 Jahre alt. Dies entspricht 21 Prozent der hessischen Gesamtbevölkerung. Die Tendenz ist steigend.

Synergien herstellen um dadurch Klientinnen und Klienten fokussiert zu unterstützt

Um der vorherrschenden Demografie und der damit einhergehenden eingeschränkten Mobilität und gesteigerten Morbidität begegnen zu können, bedarf es einer fachübergreifend arbeitenden Stelle, welche Synergien innerhalb einer Region herstellt und Klientinnen und Klienten fokussiert unterstützt.

Im Sinne einer langfristigen Implementierung der Stelle Gemeindepflegerin oder Gemeindepfleger, dient die vorliegende Förderrichtlinie als Anreiz zur Schaffung besagter Stellen und zur Ausarbeitung bestehender Strukturen. Dafür werden die Personalkosten für den Einsatz von Gemeindepflegerinnen und Gemeindepflegern vom Land anteilig und zeitlich befristet übernommen.

Die in dieser Richtlinie beschriebene Förderung leistet einen wesentlichen Beitrag zu einer bedarfsgerechten medizinischen Versorgung in Kombination mit sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe für ältere Menschen.

Mit dem Zweck der Verbesserung der häuslichen Versorgung von Unterstützungsbedürftigen in Belangen der gesundheitlichen, pflegerischen und/oder (psycho-)sozialen Versorgung, führen die Gemeindepflegerinnen und Gemeindepfleger geeignete Bedarfserhebungen durch und ergreifen dem Förderziel entsprechende Maßnahmen. Im Zentrum stehen Themenfelder wie die individuelle häusliche Versorgung, die psychosoziale Begleitung, die Koordination notwendiger Maßnahmen, das Führen von Entlastungsgesprächen sowie die Unterstützung im Alltag. Der Einsatz einer Personalstelle „Gemeindepflegerin oder Gemeindepfleger“ fördert durch ebenso individuelle Gespräche wie auch der Initiierung Klientinnen und Klienten orientierter Maßnahmen, die Emanzipation älterer Menschen.

Ziel der Zuwendung ist es, Klientinnen und Klienten eine selbständige und selbstbestimmte Lebensführung im vertrauten Umfeld zu erhalten, den Eintritt von Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich zu vermeiden und die Zusammenarbeit bestehender Strukturen zu verbessern. Über das Programm werden (Haus-)Arztpraxen, Seniorenbüros und Pflegestützpunkte entlastet, indem die Gemeindepflegerinnen und Gemeindepfleger Schnittstellen zwischen diesen Bereichen erkennen und in abgestimmter Weise bearbeiten. Zur Sicherstellung einer flächendeckenden Zielerreichung, strebt die Landesregierung eine Anstellung von Gemeindepflegerinnen und Gemeindepflegern im Verhältnis zu den in den Landkreisen und kreisfreien Städten gegebenen Bedingungen an.

Gefördert werden Personalstellen „Gemeindepflegerin oder Gemeindepfleger (w/m/d)“, welche insbesondere folgende Aufgaben umfassen:

  • Durchführung von Hausbesuchen und telefonischen Beratungen
  • Erfassung des individuellen Unterstützungsbedarfs und der vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten der Klientinnen und Klienten in Form eines individuellen Versorgungsplans
  • Verweisberatung auf bestehende Hilfen und Dienste aus den Bereichen SGB V, SGB XI und SGB XII, die auf die Unterstützung von Menschen mit
    Pflege-, Versorgungs- oder Betreuungsbedarf ausgerichtet sind
  • Initiierung von präventiven Maßnahmen sowie Maßnahmen zur Stärkung der Selbständigkeit der Hilfebedürftigen
  • Initiierung von Maßnahmen zur Beseitigung von Versorgungslücken vor Ort
  • Netzwerkarbeit
  • Öffentlichkeitsarbeit zum Zwecke der Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades

Antragsberechtigt sind Hessische Landkreise und kreisfreie Städte. Diese verwenden die Zuwendung für eigene Vorhaben oder leiten diese an geeignete kreisangehörige Kommunen oder Sonderstatusstädte zur Durchführung der Maßnahme weiter. Kreisangehörige Kommunen sind antragsberechtigt, soweit ihr Antrag vom zuständigen Landkreis befürwortet wird.

Förderfähig sind Personalausgaben, wenn die Inhaberin oder der Inhaber der Stelle „Gemeindepflegerin oder Gemeindepfleger (w/m/d)“ eine Qualifikation als

  • Altenpflegerin oder Altenpfleger
  • Sozialmedizinische Assistentin oder Sozialmedizinischer Assistent
  • Medizinische Fachangestellte oder Medizinischer Fachangestellte mit der Zusatzqualifikation zur Versorgungsassistentin oder zum Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis (VERAH oder vergleichbare Qualifikation)
  • Sozialarbeiterin oder Sozialarbeiter

oder aus vergleichbaren, dem Aufgabenprofil entsprechenden Bereichen nachweist.

Weitere Anforderungen an die Qualifikation der Inhaberin oder des Inhabers der Stelle „Gemeindepflegerin oder Gemeindepfleger (w/m/d)“ sind:

  • Vertrautheit im Umgang mit älteren Menschen
  • Fähigkeit zum Erkennen einer häuslichen Versorgungssituation sowie eines Unterstützungsbedarfs
  • Fähigkeit, als Netzwerkerin oder Netzwerker in bestehende Hilfestrukturen vor Ort weiterzuvermitteln (z.B. Pflegestützpunkt, Bürgerverein, Mahlzeitendienst etc.)
  • Fähigkeit, koordinierende Funktion innerhalb der bestehenden Unterstützungsangebote trägerneutral zu übernehmen.

Die Stelle der Gemeindepflegerin oder des Gemeindepflegers muss mindestens die Hälfte der regulären tariflich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit umfassen. Ein geringerer Stundenumfang für eine Tätigkeit als Gemeindepflegerin oder Gemeindepfleger ist nach der vorliegenden Förderrichtlinie nicht förderfähig.

Eine Zuwendung nach dieser Förderrichtlinie kann nur gewährt werden, wenn im Zuge der Antragstellung ein gültiges kreisweites bzw. auf die kreisfreie Stadt bezogenes Konzept eingereicht wird. Folgende Punkte sind im Konzept darzustellen:

  • Sinnvolle Darlegung des Einsatzgebiets der Gemeindepflegerin oder des Gemeindepflegers innerhalb des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt
  • Beschreibung der Verortung der Personalstelle
  • Darlegung der geplanten Bearbeitung der Schnittstellen zwischen medizinischer und pflegerischer Versorgung sowie sozialer Betreuung durch die Gemeindepflegerin oder den Gemeindepfleger in dem jeweiligen Sozialraum
  • Erfüllung der Zielsetzung dieser Richtlinie
  • Darlegung der Notwendigkeit des Einsatzes der Gemeindepflegerin oder des Gemeindepflegers in Relation zu der Zielgruppe. Hierbei sollte auch auf die räumliche Siedlungsstruktur und die damit verbundenen Wegezeiten für Hausbesuche eingegangen werde

Förderfähig sind Ausgaben für das tatsächlich gezahlte tarifliche Arbeitnehmerbrutto. Die Förderung der indirekten Arbeitskosten ist nicht Bestandteil der zuwendungsfähigen Ausgaben. 

Zuständig für die Bewilligung nach dieser Richtlinie ist das

Hessisches Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege (Bewilligungsbehörde)
Sonnenberger Straße 2/2a
65193 Wiesbaden
Tel.: 0611 – 3219-0

Die Zuwendung wird als Projektförderung im Wege der Anteilsfinanzierung als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Höhe von 80 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben bis zu einer maximalen Förderhöhe von 50.000 Euro pro Jahr bezogen auf eine Vollzeitstelle (gemäß Tarifvertrag) gewährt.

Bei einem geringeren Stellenanteil (Teilzeitstelle) verringert sich der Förderanteil entsprechend dem prozentualen Anteil zu einer tariflichen Vollzeitstelle.

Die Zuwendungsempfängerin bzw. der Zuwendungsempfänger hat die Gesamtfinanzierung der Maßnahme sicherzustellen.

Über diese Förderrichtlinie können Bewilligungen über einen Zeitraum von maximal drei Jahren erfolgen. Längstens jedoch bis zum Außerkrafttreten der Förderrichtlinie zum 31.12.2026.

Vor Erteilung des Förderbescheides darf mit der Maßnahme nicht begonnen werden.

Eine Förderung nach dieser Richtlinie ist ausgeschlossen, sofern das gleiche Vorhaben durch ein anderes Förderprogramm des Bundes oder des Landes gefördert wurde.

Die Antragstellung (auch für kommunale Anträge) ist grundsätzlich über den Landkreis/die kreisfreie Stadt auf vorgegebenem Antragsvordruck unter Beifügung der nachstehenden Unterlagen

  • gültiges Konzept (entweder als landkreis- bzw. kreisfreie Stadt weites Konzept oder als kommunales Konzept mit Zustimmung des Landkreises/der kreisfreien Stadt)
  • die Aufgabenbeschreibung der Gemeindepflegerin oder des Gemeindepflegers sowie eines Finanzierungsplans

vorzunehmen.

Im Finanzierungsplan sind alle im Projekt entstehenden Ausgaben und Einnahmen, gegliedert nach Haushaltsjahren darzustellen.

Anträge können jeweils bis zum 28.02, 30.06. und 31.10. eines Jahres gestellt werden (Antragseingang bei der Bewilligungsbehörde).

Maßgeblich für die Förderentscheidung ist der Eingang eines vollständigen und prüffähigen Förderantrags bei der Bewilligungsbehörde.

Bei dem Förderprogramm handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Landes. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung nach dieser Richtlinie besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Werden mehr Anträge gestellt als Haushaltsmittel vorhanden sind, werden die Zuwendungsempfängerinnen und Zuwendungsempfänger nach der Güte des vorgelegten Konzepts und ggf. bereits bestehenden Personalstellen in dem jeweiligen Landkreis oder der jeweiligen kreisfreien Stadt ausgewählt.

Gemäß Verwaltungsvorschriften (VV) Ziffer 7.2 zu § 44 LHO erfolgt die Auszahlung nach Mittelabruf. Der Mittelabruf hat auf Basis der tatsächlichen Ausgaben zu erfolgen.

Die Zuwendungsempfängerin oder der Zuwendungsempfänger hat der Bewilligungsbehörde die ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel über den einfachen Verwendungsnachweis nach Muster 5 zu § 44 LHO nachzuweisen. Dieser besteht aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis. Der Verwendungsnachweis ist der Bewilligungsbehörde bis drei Monate nach Abschluss der Maßnahme vorzulegen.  Bei mehrjährigen Zuwendungen ist jeweils bis spätestens 31.03. des Folgejahres ein Zwischennachweis über die im vorangegangenen Haushaltsjahr erhaltenen Beträge vorzulegen. Dieser besteht wie der einfache Verwendungsnachweis aus einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die
§§ 48 bis 49a des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG), die §§ 23, 44 Landeshaushaltsordnung (LHO), und die hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften, soweit nicht in dieser Förderrichtlinie Abweichungen von den Verwaltungsvorschriften zugelassen worden sind.

Zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides sind die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gebietskörperschaften und Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften (ANBest-GK) zu erklären.

Zuwendungsempfängerinnen bzw. Zuwendungsempfänger haben jede von der Bewilligungsbehörde oder von ihr beauftragten Stelle für erforderlich gehaltene Überwachung und Überprüfung sowie Evaluierungen zu unterstützen.

Der Hessische Rechnungshof ist berechtigt, bei der Zuwendungsempfängerin bzw. dem Zuwendungsempfänger die bestimmungsmäßige und wirtschaftliche Verwaltung und Verwendung der Zuwendungen zu prüfen. Im Falle der Weiterleitung der Zuwendungen an Dritte (Letztempfänger), kann der Rechnungshof auch bei diesen prüfen. Die Prüfung kann sich auch auf die sonstige Haushalts- und Wirtschaftsführung des Empfängers erstrecken, soweit es der Rechnungshof für seine Prüfung notwendig hält (§ 84 LHO).

Zuwendungsempfängerinnen oder Zuwendungsempfänger haben die Bücher, Belege und alle sonstigen Geschäftsunterlagen fünf Jahre nach Vorlage des abschließenden Verwendungsnachweises aufzubewahren, sofern nicht nach steuerrechtlichen oder anderen Vorschriften eine längere Aufbewahrungsfrist bestimmt ist.

Abweichend von den in den Ziffern 1. bis 12. genannten Regelungspunkten besteht für in 2022 geförderte Gemeindepfleger:innen eine Übergangsregelung im Jahr 2023. Dieser Übergangsregelung liegen die Kriterien der Förderausschreibung Gemeindepfleger:innen vom 15.07.2021 zugrunde.

Anträge auf Förderungen nach der Übergangsregelung sind bis zum 15.12.2022 bei der Bewilligungsbehörde zu stellen (Antragseingang bei der Bewilligungsbehörde).

Für Projekte, die in 2023 von der Übergangsregelung Gebrauch machen, besteht die Möglichkeit im Anschluss nach Abstimmung mit dem jeweiligen Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt eine Anschlussförderung (beantragt über den jeweiligen Landkreis/die kreisfreie Stadt) nach dieser Förderrichtlinie zu erhalten.

Die nach dieser Richtlinie geförderten Maßnahmen stellen keine Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dar.

Bei öffentlich wirksamen Darstellungen der Zuwendungsempfängerin oder des Zuwendungsempfängers (Presseveröffentlichungen, Berichte usw.) ist auf die Förderung aus Mitteln des Landes Hessen hinzuweisen.

Diese Richtlinie tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2023 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2026 außer Kraft.