Anlässlich der fünften Konferenz zur Umsetzung der Krankenhausreform des Bundes in Hessen im Versorgungsgebiet Gießen/Marburg betonte die Hessische Gesundheitsministerin, Diana Stolz: „Die Fragen und Gespräche hier in Wetzlar haben einmal mehr deutlich gemacht, wie wichtig es ist, vor Ort mit den verantwortlichen Akteuren - wie den Kliniken und den Vertretern der kommunalen Ebene - in den Austausch zu gehen. In dem Versorgungsgebiet Gießen-Marburg stellen sich mit gleich zwei Standorten des Universitätsklinikums Gießen und Marburg wiederum gänzlich andere Fragen als in den anderen Regionen Hessens. Und ich freue mich, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst unterstrichen haben, wie wichtig nun die Vernetzung auch untereinander sein wird.“
Dazu sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM), Dr. Gunther Weiß: „Der durch die demografische sowie wirtschaftliche Entwicklung anstehende und notwendige Transformationsprozess in der Gesundheitsversorgung kann nicht alleine gelingen. Nur gemeinsam und mittels gut funktionierender regionaler Gesundheitsnetzwerke kann eine flächendeckende und hochwertige medizinische Versorgung sichergestellt werden. Diesen Gedanken hat sich das Hessische Gesundheitsministerium zur Richtschnur aller Entscheidungen gemacht, weshalb wir uns in diesen Zeiten anstehender Veränderungen bei ihm sehr gut aufgehoben fühlen.“
Eine Frage der Demokratie
Die Hessischen Gesundheitsministerin appellierte an die Teilnehmenden: „Wir müssen jetzt alle den Rücken gerade machen. Es ist eine Frage der Demokratie, dass wir alle das gleiche Ziel verfolgen, eine flächendeckende und gute Gesundheitsversorgung für die Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Die Menschen in unserem Land müssen im Krankheits- und Notfall Zugang zu einer zuverlässigen sowie hochwertigen medizinischen Versorgung haben, das ist unsere Richtschnur.“
Die Versorgungsregion Gießen und Marburg
Die Versorgungsregion ist dadurch gekennzeichnet, dass es mit dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg gleich zwei Standorte gibt, die neben ihrer Rolle in der Spitzenmedizin auch in der lokalen Versorgung eine große Rolle spielen. Das Bundesrecht erfordere „Lösungen, an denen die Kliniken vor Ort gemeinsam arbeiten müssen. Mir ist es wichtig, dass die Akteure vor Ort gut informiert und vorbereitet sind. Deswegen freue ich mich, dass unserer Einladung zur Versorgungskonferenz im Gebiet Gießen-Marburg so viele Vertreterinnen und Vertreter der Gesundheitsversorgung gefolgt sind. Wir haben über das weitere Verfahren zur Umsetzung der Krankenhausreform des Bundes hier in der Versorgungsregion und die Rahmenbedingungen aus der Bundesgesetzgebung informiert. Wir haben gemeinsam Chancen und Herausforderungen vor Ort identifiziert“, erläuterte Stolz.
Die Teilnehmer der Versorgungskonferenz waren unter anderen die Träger der Kliniken, die Hessische Krankenhausgesellschaft, die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, die Krankenkassen, die Landesärztekammer und die kommunale Seite, vertreten durch bspw. die Marburger Stadträtin Kirsten Dinnebier und den Landrat des Wetteraukreises, Jan Weckler. Stolz betonte, dass Hessen sich „sehr frühzeitig“ auf die Krankenhausreform des Bundes vorbereitet habe. Sie betonte, dass man die Regionen nicht über einen Kamm scheren könne und es für eine solide Gesundheitsversorgung der Menschen entscheidend sei, individuell „sehr genau“ hinzuschauen. „Es wird so sein, dass jede Region andere Antworten braucht. Gerade in Mittelhessen ist es wichtig, einen Ausgleich zwischen universitärer Spitzenmedizin und der Versorgung in der Fläche zu finden. Deswegen sind wir hier und sprechen mit den Verantwortlichen in der Region, die ihre Versorgungslage kennen und die Veränderungen anstoßen und voranbringen müssen“, erläuterte die Hessische Gesundheitsministerin.
Spezialisierung der Krankenhäuser im Zuge des demografischen Wandels
Mit Blick auf die Versorgungsregion konnte auf Basis der von der Hessen-Agentur erhobenen Datenlage festgestellt werden, dass es neben dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg eine Reihe von weiteren leistungsfähigen Krankenhäusern sowie eine große Zahl von spezialisierten Fachkliniken gibt. Das Versorgungsgebiet in Gießen-Marburg nimmt dabei Aufgaben war, die in Hessen einzigartig sind. Zu denken ist hier an die Transplantationsmedizin oder an die seltenen Erkrankungen, bei denen das Universitätsklinikum Marburg, gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Frankfurt am Main, das Zentrum der Versorgung in Hessen bildet. Dazu führte Stolz aus: „In der Region wird deutlich, wie wichtig es ist, in regionalen Netzwerken zu denken, damit das Wissen der Universitätskliniken in allen Regionen Hessens und über alle Krankenhausträger hinweg den Patientinnen und Patienten zu Gute kommt.“ Dieses Beispiel zeige, so der Vortrag der Hessen-Agentur bei der Veranstaltung, hervorragend den „dringend erforderlichen Abstimmungsbedarf“. Die Region müsse als Ganzes gedacht werden.
Die Untersuchung der Hessen-Agentur macht auch deutlich, welche Veränderungen sich aus dem demografischen Wandel ergeben und welche Auswirkungen das auf den Versorgungsbedarf hat. Rund 24.000 Fälle werden im Jahr 2035 ambulant erbracht werden, für die man heute noch ein Krankenhaus aufsucht. Jedoch ist in der stationären Versorgung aufgrund des demografischen Wandels mit mehr schweren Fällen und mit einer längeren Verweildauer zu rechnen. Eine Analyse im Detail zeigt, dass die Entwicklung in den einzelnen Leistungsgruppen sehr unterschiedlich verlaufen wird. Beispielsweise ist mit einem höheren geriatrischen Versorgungsbedarf zu rechnen, während in anderen Bereichen zukünftig viele Leistungen ambulant erbracht werden können. Weiterhin werden nicht alle Kliniken die vom Bund vorgegebenen Kriterien für bestimmte Leistungsgruppen erfüllen können und sich verändern und ggf. Partner suchen müssen. Stolz fasste den Vortrag wie folgt zusammen: „Deshalb ist es unabdingbar, dass sich die Krankenhäuser spezialisieren, sich vernetzen und kooperieren.“
Hessen ist beispielgebend
Hessens Gesundheitsministerin betonte auf der Versorgungskonferenz die bundesweite Vorreiterrolle Hessens: „Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat uns in der aktuellen Bestandsaufnahme für die Jahre 2019 bis 2021 bestätigt, dass Hessen bei der Investitionsförderung im Spitzenbereich liegt, bei der Krankenhausinvestitionsquote pro Fall auf Platz eins aller Länder. Dabei sind die massiv angestiegenen Investitionsfördermittel seit 2022 noch nicht berücksichtigt. In Hessen haben wir die Pauschalfördermittel seit 2016 um rund 170 Prozent auf mittlerweile 390 Millionen Euro gesteigert. Daneben haben wir ein mit 140 Millionen Euro dotiertes Landesdarlehensprogramm beschlossen. Wir werden außerdem mit insgesamt 80 Millionen Euro Investitionsmaßnahmen von Krankenhäusern in ländlichen Regionen oder in Ballungsgebieten, die einen Verbund bilden, unterstützen.“
Abschließend betonte die Ministerin zum weiteren Vorgehen: „Wir werden uns weiter für Veränderungen am Bundesgesetz einsetzen, weil es zu wenig die regionalen Besonderheiten und die finanzielle Lage der Krankenhäuser im Blick hat. Unabhängig von möglichen Änderungen am zeitlichen Verlauf der Krankenhausreform nach der Bundestagswahl werden wir jedoch in Hessen die notwendigen Schritte zu einer zukunftsfesten Krankenhauslandschaft im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gehen. Zahlreiche Einzelgespräche und harte Arbeit bis zur Beantragung und Bescheidung von Leistungsgruppen stehen uns nun allen gemeinsam bevor. Die Menschen in Hessen können jedoch sicher sein, dass wir alles Notwendige tun, damit sie im Krankheits- oder Notfall flächendeckend medizinisch gut versorgt werden!“